Kostenerstattungsansprüche aus einem Verfahren vor den Kirchengerichten können grundsätzlich vor den staatlichen Gerichten eingeklagt werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Der Beklagte, ein evangelischer Pfarrer, beantragte vor dem kirchlichen Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche im Rheinland gegen die Klägerin, eine evangelische Kirchengemeinde, den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das kirchliche Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Der Beklagte machte dagegen ein Beschwerdeverfahren anhängig, in dem die Klägerin durch einen Rechtsanwalt katholischer Konfession vertreten wurde. Nach dem kirchlichen Verwaltungsgerichtsgesetz können Bevollmächtigte in kirchengerichtlichen Verfahren nur Personen sein, die einer Gliedkirche der EKD angehören; andere Personen können durch Beschluss des Gerichts als Bevollmächtigte zugelassen werden. Das kirchliche Beschwerdegericht wies die Beschwerde des Beklagten zurück und erlegte ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Der Urkundsbeamte des kirchlichen Verwaltungsgerichts setzte auf Antrag der Klägerin die ihr zu erstattenden Anwaltskosten gegen den Beklagten fest. In dem Erinnerungsverfahren gegen diese Kostenrechnung wies das kirchliche Beschwerdegericht den Rechtsbehelf des Beklagten zurück. Zugleich ließ es rückwirkend den Rechtsanwalt der Klägerin als deren Prozessbevollmächtigten zu.
Der Beklagte zahlte die zur Erstattung festgesetzten Kosten nicht. In dem deshalb von der Klägerin anhängig gemachten Zivilprozess verwies das Amtsgericht das Verfahren an das Verwaltungsgericht Düsseldorf, das den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung der festgesetzten Kosten verurteilte. Das Oberverwaltungsgericht Münster wies die Berufung des Beklagten zurück.
Das Bundesverwaltungsgericht wies auch die Revision des Beklagten zurück: Die im Grundgesetz verankerte Pflicht der staatlichen Gerichte, Rechtsschutz zu gewähren, besteht wegen des staatlichen Gewaltmonopols auch für Ansprüche, die sich aus kirchlichem Recht, hier kirchlichem Prozessrecht ergeben, wenn diese Ansprüche nicht anderweit durchgesetzt werden können. Eine solche anderweitige Möglichkeit besteht nicht für Kostenerstattungsansprüche, welche der obsiegenden Partei in einem Verfahren vor den Kirchengerichten nach dem dort geltenden Prozessrecht entstanden sind.
Kostenrechnungen der Kirchengerichte sind anders als Kostenfestsetzungsbeschlüsse staatlicher Gerichte keine vollstreckbaren Titel, so dass die Kosten nicht etwa mit Hilfe des Gerichtsvollziehers beigetrieben werden können. Die staatlichen Gerichte können die kirchengerichtlichen Entscheidungen, aus denen die Kostenerstattungsansprüche hervorgegangen sind, nicht uneingeschränkt nachprüfen. Dem steht das im Grundgesetz garantierte Recht der Religionsgemeinschaften entgegen, ihre inneren Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Dazu gehört auch die Befugnis, eine kirchliche Gerichtsbarkeit zu schaffen und deren Verfahren zu regeln. Die Entscheidungen der Kirchengerichte sind in diesem Bereich von den staatlichen Gerichten nur darauf hin nachzuprüfen, ob sie mit den in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien vereinbar und frei von Willkür sind sowie die grundlegenden Verfahrensgarantien einhalten. Das war hier der Fall. Nach diesem Maßstab nicht zu beanstanden war auch die Auslegung des kirchlichen Prozessrechts durch das kirchliche Beschwerdegericht, noch nachträglich und rückwirkend die Zulassung eines Rechtsanwalts katholischer Konfession als Bevollmächtigten der Klägerin auszusprechen.
BVerwG 6 C 21.14 – Urteil vom 25. November 2015
Vorinstanzen:
OVG Münster 5 A 1386/12 – Urteil vom 29. April 2014
VG Düsseldorf 1 K 1664/11 – Urteil vom 26. April 2012