Auch gegen Kirchenbeamte und gegen Pfarrerinnen und Pfarrer können bei Verstößen gegen die Dienstpflichten Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Für den Bereich der Ev. Kirche bestimmt sich das Verfahren nach dem Disziplinargesetz der EKD (DG.EKD). Daraus ergibt sich auch der Grundsatz für die Ermittlungsbehörden: „Du sollst nicht trödeln!“
Soweit die Rechtsprechung der Disziplinarkammern dokumentiert ist, hat nun wohl zum ersten Mal ein Kirchengericht über einen Antrag auf Fristsetzung zu entscheiden gehabt. Die Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der Ev. Kirche in Deutschland hat dem Antrag, der durch uns vertreten wurde, stattgegeben. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Wörtlich führt die Disziplinarkammer aus (Unterstreichungen im Original):
1. Der Antragsgegnerin wird eine Frist von sechs Monaten gesetzt, innerhalb derer das gegen den Antragsteller mit Beschluss des Kollegiums des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 27. Mai 2014 gegen den Antragsteller eingeleitete Disziplinarverfahren abzuschließen ist.
2. Die Kosten des Antragsverfahrens, einschließlich der dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen, trägt die Antragsgegnerin.
G r ü n de:
1. Der Antragsteller war seit dem 1. April 1989 – zuletzt in einer Planstelle als Kirchenverwaltungs-Amtsrat (A 12 mit Amtszulage) – im Dienst des Verbandes A. tätig.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 wurde ihm ein Beschluss des Kollegiums des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 27. Mai 2014 zur Stellungnahme zugeleitet, wonach im Zusammenhang mit mutmaßlichen Dienstvergehen im Rahmen seiner Amtsführung […] ein Disziplinarverfahren gemäß § 24 Absatz 1 DG.EKD i.V.m. § 3 Absatz 1 DG.EKD und § 32 Absatz 1 des Kirchenbeamtengesetzes der EKD (KBG.EKD) eingeleitet worden ist. Konkret wurde ihm darin vorgeworfen, in mindestens 11 Fällen gegen §§ 18, 20, 21 Absatz 1 und 2 KBG.EKD verstoßen zu haben. Bezüglich des konkreten Inhaltes dieser Vorwürfe wird auf die den Beteiligten bekannte Anlage zum Schreiben vom 30. Juni 2014 Bezug genommen (zu vgl. BI. 33 ff. d. A).
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. Juli 2014 erhielt der Bevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 5. August 2014 äußerte er sich für diesen umfassend zu den Vorwürfen und stellte Beweisanträge zur Entlastung seines Mandanten.
Weil der Antragsteller bis zum 31. Dezember 2015 weder einen Abschluss noch einen wesentlichen Fortgang des Disziplinarverfahrens feststellen konnte, wandte er sich mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Januar 2016 – per Fax eingegangen am selben Tag und postalisch am 12. Januar 2016 – mit dem Antrag an die Kammer, gemäß § 66 DG.EKD eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer das Disziplinarverfahren abzuschließen ist.
II. Der Antrag ist zulässig und begründet.
Die Disziplinarkammer bei dem Kirchengericht der EKD ist gemäß § 4 des Kirchengesetzes zur Ausführung des Disziplinargesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Fassung des Kirchengesetzes zur Änderung des Kirchengesetzes zur Ausführung des Disziplinargesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 16. Januar 2015 seit dem 1. Januar 2016 örtlich und sachlich für die im Geschäftsbereich der Evangelischen Kirche im Rheinland anfallenden gerichtlichen Disziplinarsachen zuständig.
Im Zeitpunkt der Antragstellung war das eingeleitete Disziplinarverfahren bereits mehr als 18 Monate anhängig. Es war bislang auch nicht mit Blick auf eine strafrechtliche Überprüfung der Vorwürfe gemäß § 29 DG.EKD ausgesetzt, so dass die sich aus dem in § 8 DG.EKD verankerten Beschleunigungsgebot ergebende Regelfrist von 12 Monaten zum Abschluss erheblich überschritten ist. Die Kammer hat der Antragsgegnerin Gelegenheit gegeben, die außergewöhnlichen Gründe darzulegen, die zu dieser erheblichen Verzögerung geführt haben. Die dazu mit Schreiben des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 22. Februar 2016 und 21. März 2016 mitgeteilten Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Beweisdokumenten aus dem Geschäftsbereich des Verbandes A. vermögen nach Ansicht der Kammer diese Verzögerung in keiner Weise zu rechtfertigen. Hinsichtlich der sich aus dem Beschleunigungsgebot ergebenden Pflichten der Disziplinarbehörden schließt sich die Kammer der mit Rechtsprechung belegten Argumentation des Antragstellers vollumfänglich an, wobei sie einen besonderen Hinweis auf die sich aus der bisherigen Verfahrensdauer ergebende persönliche Belastung für den inzwischen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig im Ruhestand befindlichen Kirchenbeamten erteilt. Da sich für die Kammer bei einer vorläufigen Bewertung des Verfahrensstandes auch kurzfristig ein Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht abzeichnet, hat sie nunmehr eine Frist von sechs Monaten bestimmt, innerhalb derer die Disziplinarbehörde – gegebenenfalls auch mit zusätzlicher organisatorischer Unterstützung – das Disziplinarverfahren unbeschadet der sich aus § 66 Absatz 2 Satz 3 i.V.m. § 56 Absatz 2 Satz 3 bis 5 DG.EKD ergebenden Möglichkeiten der Fristverlängerung spätestens abzuschließen hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 Absatz 1 und 3 DG.EKD i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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